Interview mit Krimiautorin Lori Rader-Day

Interview mit Krimiautorin Lori Rader-Day

Dunkelheit und Verbrechen sind eng miteinander verbunden. Zumindest in unserer Vorstellung. In ihrem Buch Under a Dark Sky schreibt die Amerikanerin Lori Rader-Day von einem Mord in einem Dark Sky Park (deutsch „Sternenpark“). Lori Rader-Day hat eine Vielzahl von Auszeichnungen für ihre Bücher erhalten, und sie wird gerne mit Agatha Christie verglichen. Ihre Krimis sind nicht blutrünstig, sondern erzählen von normalen Menschen und deren Gefühlen. Dabei schreibt sie viel über Psychologie, ohne das es aufdringlich wird. Eine deutsche Übersetzung des Buches ist leider zur Zeit nicht in Sicht. Begeistert von ihrem Buch habe ich Lori einige Fragen gestellt über Sterne und Dunkelheit und was sie für uns bedeuten. Wer mehr über das Buch erfahren und Loris eigene Worte lesen möchte, der kann gerne zum englischsprachigen Blogpost wechseln. Hier ist eine Übersetzung des Interviews:

Lori Rader-Day, Foto von Justin Barbin

Wie kamst du auf die Idee, ein Buch zu schreiben, dass in einem Sternenpark spielt?

Ich hörte oder sah (wahrscheinlich online) einen Bericht über die Auszeichnung eines neuen Sternenparks durch die International Dark Sky Association, wahrscheinlich vor langer Zeit in 2011 oder 2012 und dachte mir…was für ein phantastischer Ort für einen Krimi. Das ist einfach, wie mein Gehirn arbeitet, denn das ist es, was ich schreibe. Ich bin mir sicher, die IDA hatte so etwas nicht geplant, als sie dieses Programm began.

Warst du jemals in einem Sternenpark? Wie war das für dich?

Ja! Ich besuchte den Headlands International Dark Sky Park um für das Buch zu recherchieren, denn ich wählte Headlands als Vorlage für den Park über den ich geschrieben habe. Ich liebte es, endlich an dem Ort zu sein, über den ich recherchiert und geschrieben hatte. Als ich endlich nach so viel Recherche in dem Park ankam war es, als wäre ich schon längst hier gewesen. Mein Ehemann und ich hatten aber Pech, denn bei unserem Besuch war es bewölkt. Wir konnten mehr Sterne sehen als in Chicago, wo wir leben, aber nicht so viele wie wir normalerweise in einer klaren Nacht hätten sehen können. Seitdem war ich wieder in Headlands um mein Buch vorzustellen (sie verkaufen Exemplare in ihrem Souvenirladen!) und konnte die Milchstraße sehen. Es war atemberaubend. Ich kann nicht abwarten zurückzukommen. Vor Kurzem besuchte ich eine Dark Sky Community, Beveryl Shore in Indiana. Es ist eine entzückende kleine Stadt am Lake Michigan, die von einer Parklandschaft umgeben ist.

Glaubst du, dass das Erleben eines dunklen Himmels und der Blick auf die Milchstraße für Menschen wichtig ist?

Foto: Greg Rakozy via Unsplash

Ich denke, es sollte so sein. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber als ich jung war träumte ich von den Sternen. Wenn ich die Sterne betrachtete und mir vorstellte, dass Kinder auf der ganzen Welt zu den selben Sterne hinauf sehen, weitete das meine Perspektive mehr als jede andere Erfahrung, die ich damals in der Gemeinde, in der ich lebte, machen konnte. Eigentlich ist Gemeinde nicht das richtige Wort. Als ich die Sterne wirklich sehen konnte lebte ich auf dem Land. Es war ein wunderschöner, sternenreicher Ort um aufzuwachsen, aber einsam, und sich von den Sternen etwas zu wünschen ist dann eine gute Sache.

Eden fürchtet sich vor der Dunkelheit. Obwohl ihre Gefühle sehr stark sind, teilen viele Menschen diese Angst. Deshalb benutzen wir so viel Licht. Warum fürchten sich Menschen so vor der Dunkelheit?

Ich denke, wir haben Dunkelheit mit Verbrechen verschmolzen (und ich helfe da nicht wenn ich einen Krimi schreibe, der in einem Sternenpark spielt), aber bessere Beleuchtung schützt uns nicht vor der Dunkelheit in den Menschen. Menschen werden bedauerlicherweise tun was sie tun. Besseres Licht macht es für *sie* sogar noch komfortabler. Als Spezies sind wir weit von der Natur in all ihren Erscheinungen abgekommen. Die einzige Antwort für uns ist, einen Weg zu finden, bei dem wir mehr Zeit in der Natur verbringen, in Dunkelheit, mit uns selbst, in Frieden. Für die meisten Amerikaner ist das eine große Aufgabe, denke ich. Viele Menschen, vielleicht weltweit, haben Probleme, mit ihren eigenen Gedanken still zu sein, deshalb können sie sich nicht vorstellen, ihr Telefon und ihren Fernseher auszuschalten und stattdessen in den Himmel zu sehen.

Durch all das Licht, das wir nutzen, haben wir den Anblick der Sterne verloren. Viele Menschen in den Industrieländern haben noch nie einen natürlich dunklen Nachthimmel gesehen. Hast du eine Idee wie wir Menschen davon überzeugen können, die Schönheit und den Wert von Dunkelheit zu sehen und sich von ihren Ängste zu befreien?

Ich wünschte ich hätte eine. Mein Interesse an den Sternen wurde geweckt von den Sternbildern und den Geschichten, die ich darum ranken. Geschichten sind der Weg, das Leben und die Probleme eines anderen Menschen zu verstehen; Geschichten lehren uns, wie wir leben sollen und Empathie für andere zu empfinden. Wir brauchen das, um zu leben. Viele dieser Lektionen wirken im Moment sehr verloren. Dies ist für viele von uns eine beängstigende Zeit, doch ich denke, Geschichten können uns an Orte bringen, von denen wir nicht wussten, dass wir dort hingehen sollen, und vielleicht werden sie uns retten. Ich weiß, dass seit ich mit der Arbeit an Under a Dark Sky begonnen habe, viele Menschen dazu gebracht habe, dunkle Orte zu besuchen. Das gibt mir die Hoffnung, dass Menschen dunkle Himmel erleben wollen und sie beschützen werden, wenn sie sie einmal selbst erfahren haben.

Was sind deine größten Befürchtungen in Bezug auf Lichtverschmutzung?

Ich lebe in Chicago, wo man ungefähr…zwei Sterne sehen kann. Ehrlich gesagt, einer davon ist wahrscheinlich Venus. Mein ursprünglicher Gedanke ist die Erinnerung an meine Kindheit, als ich Sterne sehen konnte und ich möchte das auch für heutige Kinder. Die meisten Probleme auf unserer Welt könnten gelöst werden, wenn wir zusammenarbeiten und verstehen würden, wie unsere Aktionen andere beeinflussen – und beides kann uns ein dunkler Sternenhimmel lehren. Darüber hinaus mache ich mir Sorgen um Pflanzen und Tiere. Wir haben unseren Besitz so ausgebaut, dass wir zum einzigen Tier werden, dass (noch) überleben kann, was wir diesem Planeten angetan haben. Ich kann keine traurigen Videos von Eisbären mehr im Internet sehen. Es zerstört mich. Das menschliche Leben ist in den nächsten Jahrzehnten in ernsthafter Gefahr, doch viele Menschen wollen das nicht wahrhaben. Vielleicht ist die Rettung des dunklen Himmels ein Weg Menschen zu bewegen, die die tieferen Probleme nicht verstehen, ein Weg sie in das Gespräch zu integrieren, dass wir führen müssen.

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