Zukunft Licht – Bericht von der Zukunftskonferenz der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft
Wie sieht es aus, das Licht der Zukunft? Heller, energieeffizienter, flexibler, gesünder? Um die Zukunft des Lichts drehten sich zwei Tage lang Vorträge auf der ersten Zukunftskonferenz der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft (LiTG) im Mai in Hamburg. Die Teilnehmer stammten aus überraschend unterschiedlichen Disziplinen: Politik, Forschung, Wissenschaft, Medizin, Theologie, Psychologie, Anlagen- und Flugzeugbau,
Lichtplanung, IT, Technik, Landwirtschaft, Autobau, Meteorologie, Gebäudetechnik, Architektur, Zukunftsforschung, Medien, Leuchtenbau, Studium, Lichtlehre, Lichtforschung, Messtechnik, Logistik, Infrastrukturplanung, Landschaftsarchitektur, Lichtindustrie, Bildungsträger, Gebäudeplanung, Medien, Investment, Industrie und Lichtanwendung und mehr.
Entsprechend interdisziplinär ging es zu – und die Themen waren überraschend. Technische Neuerungen wurden eher am Rand besprochen, wichtiger war die Frage, wie wir in Zukunft mit Licht umgehen werden. So ging es weniger darum, wie Sonnenlicht am besten künstlich nachgebaut werden kann, sondern wie wir natürliches Sonnenlicht besser in die Gebäude bekommen. Der Vortrag von Prof. Ralf Kaldenhoff von der TU Darmstadt über vertikalen Ackerbau in Großstädten war sicher Neuland für so manchen Lichtdesigner.
Eine andere Sitzung beschäftigte sich mit der Frage, wie viel Licht wir eigentlich in Zukunft brauchen. Immer heller, immer bunter ist das, was wir in unseren Städten erleben. Wer glaubt, davon seien alle Lichtdesigner begeistert, der irrt. Carsten Kohlmeier-Beckmann, Designer bei Flugzeughersteller Airbus kritisierte, dass Licht einfach zu gedankenlos eingesetzt wird. Eine Kritik, die viele Anwesenden teilten. Lichtplaner ist kein geschützter Beruf, jeder kann das machen, und so sieht es immer öfter auch aus. Ob das dann noch Kunst ist, darf ruhig hinterfragt werden.
Auch Lichtverschmutzung war ein Thema. Landschaftplanerin Maria Zschorn und Ökologin Sibylle Schroer vom IGB Berlin sprachen die ökologischen Probleme der nächtlichen Beleuchtung an. Gesetzliche Regulationen, so Schroer, werden kommen, und es sei besser sich bereits jetzt Gedanken um eine nachtfreundlichere Beleuchtung zu sein. Technische Möglichkeiten für gutes Licht, das wenig stört, gibt es bereits.
Ich selbst, so muss ich gestehen, war mit Bauchschmerzen zu meinem Vortrag angereist. Wie würden die Lichtexperten reagieren, wenn ich erkläre, dass wir noch immer weit entfernt sind von der 24-Stundengesellschaft. Stadtplanung – und damit auch Lichtplanung – geht inzwischen von einer Nutzung rund um die Uhr aus. Glaubt man aber verschiedensten Untersuchungen sind nur maximal 10% der Deutschen nachts wach. „Nachtaktiv“ bezieht sich bestenfalls auf die Abendstunden, selbst Berliner Fernsehturm und der Potsdamer Platz schalten in den Nachtstunden das Licht aus.
„Licht aus!“ war mein Vorschlag, zumindest in Wohngebieten nach Mitternacht. Denn nachts wollen Menschen schlafen, und das tun sie nicht gerne im Dämmerlicht. Wenn die Straßenbeleuchtung schon nicht nicht ganz ausgeschaltet wird, dann bitte Dimmen und gut abschirmen, so mein Vorschlag. Straßenlicht gehört auf die Straße, nicht in die Häuser. Die Reaktionen waren eindeutig. „Schön, dass das mal gesagt wird“, erklärte einer der Organisatoren der Konferenz. Selbst vielen Lichtplanern ist es nachts zu hell.
Noch andere Themen wurden diskutiert, natürlich spielte Innenbeleuchtung eine große Rolle, Digitalisierung und die autofreie Stadt. Fast befremdlich war die Präsentation eines Lichtmastes, der eigentlich alles kann: WLAN-Hotspot, Wetterstation, Wegweiser, Luftbefeuchtungsanlage, Notrufsäule, Auftankstation für Kurierdrohnen und – falls dann doch mal nötig – auch als Haltestruktur für eine Straßenlaterne.
Die Endstimmung war düster. Zu viele schlechte Nachrichten über den Zustand der Natur, über wachsenden Energiebedarf, Klimawandel und Lichtverschmutzung. Aber auch die hoffnungsvolle Erkenntnis, dass Lichtplaner einen aktiven Beitrag dabei leisten können. Und so stand am Ende, als es darum ging, die Gedanken der Konferenz zusammenzufassen, der Wille, das Licht der Zukunft besser zu machen. Hier sind die Kernpunkte aus dem HAMBURGER AUFRUF zu ZUKUNFT LICHT (vollständiger Text hier):
- Licht ist als vielschichtiges Phänomen nur inter- und transdisziplinär erfassbar. Licht ist als vielschichtiges Phänomen nur inter- und transdisziplinär erfassbar.
- Die TeilnehmerInnen der ZK19 sehen den Gesetzgeber gefordert, umfassende Forschungen und breite Feldstudien auf den Weg zu bringen, um wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu Lichtwirkungen zu erlangen, Regularien zu deren Umsetzung vorzuschreiben, um letztlich einen Missbrauch von Licht zu verhindern.
- Die TeilnehmerInnen der ZK19 sehen es als wichtiges Kernziel an, dass Lichtwissen stärker verbreitet sowie allgemein verständlich vermittelt wird. Das betrifft die Schulund Allgemeinbildung ebenso, wie die berufliche und akademische Aus- und Weiterbildung, darüber hinaus aber auch die Verbraucherinformation, denn ALLE konsumieren Licht und leben durch das Licht und mit dem Licht.
- Die TeilnehmerInnen der ZK19 weisen darauf hin, dass Lichtintensitäten, speziell dem wechselseitigen Hochlizitieren künstlicher Helligkeiten nutzungs- und umgebungsbezogene Grenzen zu setzen sind. Vielmehr gilt es sensibel mit Intensitätsnuancen und Schatten umzugehen und vordringlich nächtliche Dunkelheit zu gewährleisten. Gutes Licht hat immer Respekt vor der Umwelt. Vielmehr gilt es sensibel mit Intensitätsnuancen und Schatten umzugehen und vordringlich nächtliche Dunkelheit zu gewährleisten. Gutes Licht hat immer Respekt vor der Umwelt.
- Die TeilnehmerInnen der ZK19 stellen fest, dass zu Tages- und Kunstlicht Standards und Individualität keine Antagonisten sein müssen und in der Praxis von Planung und Ausführung zusammengehen sollten. Licht bedarf als sozialer Wert und zum Schutz der Umwelt entsprechender Regulative wie etwa justiziabler Schwellenwerte sowie Prüf- bzw. Wartungsvorschriften bspw. in Bauordnungen und Planungsrichtlinien. Auch hier ist der Gesetzgeber gefordert.
- Die TeilnehmerInnen der ZK19 laden alle am Licht Interessierten und ALLE, die an der Gestaltung von gutem Licht für die Zukunft teilhaben wollen, zur proaktiven Teilnahme ein – diejenigen mit viel Erfahrungen aus den traditionellen Kernbereichen des Lichts, die aus den vermeintlichen Randgebieten des Lichts und vor allem auch die Jugend.
4 Replies to “Zukunft Licht – Bericht von der Zukunftskonferenz der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft”
Ich bereite eine Fernseh-Dokumentation vor zum Thema Lichtverschmutzung für den Bayerischen Rundfunk und für Arte . Ich wäre dankbar über Informationen über Städte (gerne, aber nicht zwingend in Bayern), die gerade an neue Beleuchtungskonzepten arbeiten. Mich interessieren ausgearbeitete kommunale Konzepte zur Lichtreduktion von Stadtplanern/Lichtplanern / Energieexperten. Oder von Experten, die gerade an der Planung sind und in Gemeinden umrüsten.
Wer könnte Auskunft geben, auf was es in Zukunft ankommt, um das ökologische Gleichgeweicht zu wahren, Energie zu sparen und unsere Gesundheit zu schützen?
Und wer kann als Betroffene(r) über Belästigung/gesundheitl. Beeinträchtigungen durch Lichtquellen berichten?
Freue mich über rasche Rückmeldungen per Email. Vielen Dank!
Danke, dass Sie sich für das Thema interessieren. Die Antwort kommt per Email! Wir sind alle gespannt auf die Dokumentation.
Danke für die Informationen zum Thema Licht und Schlafen. Die Licht-Überreizung nimmt ja dermassen überhand, dass man sich ja in den dunkelsten Wald zurückziehen muß, um überhaupt mal im Dunkeln zu sein, also im Freien. Und auch in den Schlafzimmern sind ja meistens Lichtquellen an. Wie wirkt sich denn das Licht einer LED-Anzeige des Radioweckers auf den Schlaf aus?
Nach unseren heutigen Wissen reicht das Licht eines Radioweckers nicht aus, um unsere Melatoninproduktion merklich zu senken. Melatonin ist ja das Hormon, dass unseren Körper abends in Ruhe- und Schlafmodus versetzt. Von eReadern und Smartphones wissen wir, dass deren Licht hier einen Einfluss hat und das Einschlafen verzögern kann. Auch die Gehirnwellen werden verändert, klar ist aber noch nicht, was das für den Menschen bedeutet. Allerdings reagieren Menschen unterschiedlich empfindlich auf Licht und die heutigen Lichtstärken, die in Studien als störend erkannt wurden, könnten zu hoch sein.
Unstreitbar ist, dass ein Radiowecker stören sein kann. Manche Menschen nervt schon das rote Licht des Fernsehers im Stand-By-Mode. Das blaue Display eines Radioweckers kann also durchaus vom Einschlafen abhalten. Vielen Menschen ist noch gar nicht bewusst, dass es das Licht ist, das sie stört. Grundsätzlich gilt, dass beim Schlafen kein elektrisches Licht an sein sollte.
Zu beachten ist übrigens noch ein anderes Licht kurz vor dem Schlafen: Das neutral-weiße LED-Licht der meisten Badezimmerspiegel beim Zähneputzen reicht aus, die Melatoninausschüttung zu bremsen und das Einschlafen zu verzögern. Und auch ein nächtlicher Besuch am Kühlschrank gaukelt dem Körper kurz vor, dass schon morgen ist und wir wach werden müssen.